Passend zum Jahresthema 'Friedhöfe' hatten wir den Stadtgottesacker in Halle/Saale ausgewählt für die Frühjahrsexkursion des DGGL LV Thüringen.

Mit einer holprigen Anreise fing der Tag an. Zumindest für die Bahnreisenden ab Erfurt. Durch eine Störung im Bahnbetrieb fuhr ab dem Bahnhof Erfurt eine Zeitlang nichts mehr. Nun hatten wir gehofft das wir ohne Bahnstreik nach Halle/Saale bequem mit dem ICE kommen, …. Nun zum Glück war der zumindest der gewählte ICE der erste der wieder einigermaßen pünktlich fuhr.

Ab dem Bahnhof Halle/Saale kann man den Stadtgottesacker bequem per pedes nach einem ca. 15- minütigen Fußmarsch erreichen.

Empfangen wird man mitten in der Stadt von einer hohen Mauer, welche eher an einen Kirchenbau erinnert als an eine Begräbnisstätte.

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Geht man durch den einzig offenen Zugang in der Gottesackerstraße in das Areal begibt man sich in eine Anlage die Ihren Ursprung in der Mitte der 50er Jahre des 16. Jahrhunderts hat und bis heute fast unverändert erhalten ist. Wenn man Glück hat, so wie wir an diesem tag, trifft man zufällig auch auf Herrn Bade, der auf einem Kontrollgang war. Zufällig stellten auch Frau Beckert und herr Bade fest, das man sich aus dem Studium kannte. Wenn auch nur flüchtig. Da er noch ein wenig Zeit vor seinen familiären Verpflichtungen an diesem Tag hatte, gab er uns einige Einblicke und Informationen zu dieser Anlage.

Diese im Stile der Campo Santo errichtete Anlage ist in Ihrer Art zwar nicht einmalig, aber schon einzigartig.

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94 Bögen, die von 1557 - 1590 von Baumeister Nickel Hoffmann errichtet wurden, bilden den Rahmen der Anlage. Es gibt 3 Eingänge, von denen aber nur einer aus Gründen der Erhaltung der Anlage in Ihrer Komplexität und ‚Schönheit‘ und um der Anlage nicht ihre Bestimmung als Begräbnisstätte zu nehmen, ständig geöffnet ist.

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In diesen Bögen befinden sich die Grüfte, die ursprünglich offen waren, so dass man einen Blick auf die Särge hatte. Später wurden sie auf verschiedenen Weise verschlossen.

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Die Bögen sind durchnummeriert und haben jeweils an Ihrer linken Seite eine Nummer. Es waren verschiedene Steinmetze, die sich an der Herstellung der Bogenanlage beteiligten, von denen heute aber nicht mehr alle nachvollzogen werden können, da die eingebrachten Zeichen teilweise nicht mehr zu deuten sind. Leider hat auch die Bombardierung der Stadt Halle/Saale im März 1945 einen Großteil der Anlage (u.a. 26 Bögen) zerstört. Die Rettung der Anlage verdanken wir heute der Gründung einer Bürgerinitiative 1985 und der daraus entstandenen „Bauhütte Stadtgottesacker“. Den Durchbruch im Rahmen der Finanzierung brachte Frau Marianne Witte. Sie spendete eine beträchtliche Summe zur Sanierung der Bögen und hat somit einen entscheidenden Beitrag zur Erhaltung der Anlage eingebracht. Frau Witte war die Tochter Karl Ziegler’s, der zeitweilig als Professor und Direktor des Chemischen Instituts der Universität Halle wirkte. Frau Witte gründete eine Stiftung die heute noch jedes Jahr mit einem Betrag für die Erhaltung der Campo Santo Anlage beiträgt.

Bis 1851 wurde hier auf dem Stadtgottesacker regelmäßig beigesetzt. Durch die ‚Eröffnung‘ weiterer Friedhöfe im Stadtgebiet von Halle/Saale gingen die Begräbniszahlen zurück und die Kapazität war für eine ständige Neubelegung erschöpft.

Auf dem Stadtgottesacker darf seit 2001 wieder bestattet werden. Dies wird nicht nur von den Bürgern der Stadt Halle/Saale genutzt. Besonderheit hier ist aber, das nur in den ‚alten‘ freien Grabstätten beigesetzt werden kann und der auf der Grabstätte vorhandene alte Grabstein muss erhalten bleiben ohne Ihn zu verändern.

Historisch wertvolle Grabstätten sind von dieser Regelung ausgenommen, hier wird nicht neu beigesetzt. Für die neue Beisetzung kann eine Grabplatte beigestellt werden. Sind Grabstätten ohne Grabstein vorhanden, so muss der neue Stein dem Stil der ‚alten‘ benachbarten Steine entsprechen.

Ein großes Highlight der Anlage, welches alljährlich hier zu sehen ist, ist die Blüte von tausenden Blausternen. Leider haben wir dieses auf Grund der vorherigen warmen Witterung um ca. 2 Wochen verpasst.
Danke nochmals an Herrn Bade für die 'Opferung' seiner Freizeit und die vielen Informationen.

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Text:      © 2024 | Mirko Fey
Bilder:   © 2024 | Mirko Fey (M.F)
             © 2024 | Sabine Diedicke (S.D)