Am Morgen startete die Tour am Eingang des Nordfriedhofs in Jena. Helga Spath übernahm die Führung zum Thema „Der Friedhof als Gartendenkmal – eine Kultur im Wandel der Zeit“

Der Nordfriedhof zählt zu einem der schönsten Landschaftsfriedhöfe Deutschlands. Erkennbar sind auch heute noch die Anlagen der verschiedenen Epochen.

1884 kaufte die Stadt das Gelände auf dem Kochschen Berg außerhalb der damaligen Stadtgrenzen um den 600 Jahre funktionierenden Johannisfriedhof zu ersetzen. Die Stadt wuchs innerhalb 40 Jahre von 10.000 auf 40.000 Einwohner.

Anliegen war es auch, die Bestattungen weg von der Kirche in Eigenregie zu machen.     Louis Maurer hatte den Auftrag zur Gestaltung und strebte eine parkähnliche Anlage an.  Er schuf eine Anlage mit ehemals 8 Karrees als Ruheterrain für die Stadt. Das jetzige Verwaltungsgebäude am Eingang war damals die Leichenhalle.

Die Friedhofsordnung verbot prunkvolle, überdimensionierte Gräber (weil man wieder mehr zum dem Grundsatz „Im Tod sind alle Menschen gleich“ kommen wollte). Jedoch gibt es auch heute noch einige gestaltete Grabmale von diversen Persönlichkeiten der Stadt Jena.  Ebenso gibt es Anatomiegräber – hier sind die begraben, die nach Ihrem Tod der Wissenschaft zur Verfügung standen. Ebenso gibt es Engelsgräber, in denen totgeborene Kinder bestattet werden können.

Auf dem Weg zur heutigen Feierhalle, der ehemaligen Kapelle kommt man auch an den ersten Urnengräbern vorbei. Diese wurden mit der Errichtung eines Krematoriums, als neue Art der Bestattung, angelegt.

Schön zu sehen ist in der Anlage der parkähnliche Charakter auch daran, dass hier Sichtachsen in die umliegende Landschaft angelegt wurden. Diese sind auch heute noch sichtbar.

Dass die Stadt mit Ihren Plänen des neuen Friedhofs richtig lag zeigt sich auch daran, dass 20 Jahre nach der ersten Belegung der Friedhof schon an seine Grenzen stieß.  So wurde 1906 die erste Erweiterung vorgenommen. Diese erreicht man in dem man hinter dem heutigen Krematorium die ‚Straße‘ überquert.  In diesem oberen Friedhofsteil war ein Platz für repräsentative Grabanlagen vorgesehen. Hier fanden viele bedeutende Jenaer Bürger ihr letzte Ruhe wie Otto Schott, Ernst Abbe oder der Besitzer der Zementfabrik in Göschwitz Carl Prüssing, der so wie Abbe schon damals Sozialleistungen für seine Beschäftigten einführte. Später führte der Rundgang zum Diethmarschen Labyrinth, eine Urnenanlage mit einer besonderen Art der Gestaltung. Hinter diesem führt der Weg über eine Brücke über das Munketal zu einer weiteren Erweiterung des Friedhofs. Hier entsteht der Friedwald eine Form der Waldbestattung. Zwischendurch durchquert man den Abschnitt der jüdischen Gräber. Dieser wurde schon 1920 geplant.

Nach der Mittagspause traf sich die Gruppe wieder an der Johanniskirche. In dieser Kirche aus dem 11. Jahrhundert ist an der Innenwand das Sandsteinepitaph für die 1382 verstorbene Jutta Selber zu sehen, das älteste erhaltene Grabmal der Stadt.

Hier am alten Kreuzweg (Kritzegraben) liegt der Johannisfriedhof. Am Eingangsportal findet sich ein barocker Steinsaropharg. Hier liegt der Schulrektor Johann Lauterbach. Viele weitere Gräber bedeutender Jenaer Bürger und Gelehrter der Universität wie Carl Zeiss Johann Wolfgang Döbereiner oder die Medizinerfamilie Stark kann man hier finden. Außerdem finden wir hier eines der ersten Leichenschauhäuser Deutschlands. Diese wurden errichtet um die damals befürchteten Scheintotbegräbnisse zu vermeiden. Jetzt ist es das Vereinshaus des Fördervereins ‚Johannisfriedhof e.V.‘ Nach dem 2. Weltkrieg wurde der Friedhof entwidmet, so dass hier keine Beisetzungen mehr stattfinden.

Ein großer Dank an Helga Spath für diese mit sehr vielen Informationen und Anekdoten gespickte Führung.

 

Text und Foto:  Mirko Fey

(alle Bildrechte liegen beim Verfasser)