LV Mecklenburg-Vorpommern

Jubiläumsveranstaltung zum 30. Geburtstag der Veranstaltung

Das Warten wurde belohnt - Mitte Juni konnten die „Nordischen Baumtage“ nun - nach zwei Jahren Verschiebung - zum 30. Male durchgeführt werden und waren ein voller Erfolg!

Fotos: Karin Glockmann

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Rund 150 wissensdurstige Gäste und eine lange Reihe von Wissensgebern - Ausstellende und Vortragende - ließen auch die diesjährige Veranstaltung wieder zu einer runden Sache werden.

Und ich hatte das Glück, dabei sein zu können. Ich fand es eine sehr nette Geste, als DGGL-Bundesgeschäftsführerin a.D. eingeladen worden zu sein, ein feines Hotel vermittelt zu bekommen und auch sonst gut umsorgt zu werden - und genoss es, einmal mehr nicht für die Organisation und den reibungslosen Ablauf verantwortlich zu sein.

Die ersten Baumtage fanden im Sommer 1991 statt - als „Rostocker Baumtage“ auf Initiative von Dr. Silvio Wodarz - vielen noch in lebhafter Erinnerung. Als Forstbeamter lag ihm das Wohl der Bäume am Herzen, der Natur- und Umweltschutz und die Nachhaltigkeit, und mit einer Handvoll Experten startete er damit einen jährlichen, lebendigen Erfahrungsaustausch zwischen Theoretikern und Praktikern, Forschenden und Ausführenden über die jeweils besonders aktuellen Themen rund um die Bäume.

Seit 25 Jahren nun sind die Baumtage eine bewährte und ausgefeilte Kooperation zwischen dem Amt für Stadtgrün, Naturschutz und Friedhofswesen der Hanse- und Universitätsstadt Rostock und der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur (DGGL), Landesverband Mecklenburg-Vorpommern e.V.

Ich lernte ein eingespieltes Team kennen, viele helfende Hände und einen routinierten Stefan Patzer, den scheinbar nichts aus der Ruhe und seiner Ablaufplanung bringen konnte. Alle Gäste waren sichtlich froh, endlich die alten Kontakte wieder aufleben zu lassen und jede Menge neue Verbindungen herstellen zu können. Für mich waren etliche bekannte Gesichter dabei, aber natürlich noch viel mehr neue, jüngere Kolleginnen und Kollegen.

Der Tagungssaal im Technologiezentrum Warnemünde - schon seit längerem bewährter Tagungsort - war proppevoll, ich hörte, einigen Interessenten musste sogar abgesagt werden.

Jeder Kongresstag stand unter einem vielsagenden Leitmotiv. Besonders gefallen hat mir das Eingangsmotto: „In der Natur gibt es weder Belohnungen noch Strafen. Es gibt nur Konsequenzen (Robert Green Ingersoll)“.

Manches musste im Zeitraffer vorgestellt werden, hatte sich doch der Wissensvorrat über zwei Jahre angesammelt - so z.B. die Präsentation der Bäume des Jahres, also der ausgewählten Gehölze der Jahre 2020, 2021 und 2022: Die Geburtsstunde dieser Auswahl liegt in den Anfängen den Baumtage – auch hier war der Initiator Dr. Wodarz, dessen Stiftung nun seit mehr als dreißig Jahren den Baum des Jahres wählt.

Kompakt wurden die Bäume portraitiert und charakterisiert: Die Robinie (Robinia pseudoacacia), Baum des Jahres 2020, eigentlich nicht heimisch, aber beliebt und oft gepflanzt oder als Pionierin sich selbst die Standorte erobernd, überzeugend als Bienengehölz und damit Robinienhoniglieferantin – wir lernten, wo Akazienhonig draufsteht, ist Robinienhonig drin.

Baum des Jahres 2021 war die Stechpalme (Ilex aquifolium), als markanter alteingesessener, immergrüner Laubbaum oder Strauch, sicher eine gute Wahl, um diesen Baum der Bevölkerung weiter nahe zu bringen - erklärtes Ziel der Aktion „Baum des Jahres“.

Bereits zum zweiten Mal ausgewählt wurde dann in diesem Jahr, 2022, die Rotbuche (Fagus sylvatica), als in Mitteleuropa einzige heimische Buchenart, die letztlich unter naturnahen Bedingungen unseren Waldbestand bilden würde und daher alle kennen sollten.

Weitere Vorträge - schon traditionell -  gab es über neue Krankheitserreger und langfristige Auswirkungen von Schäden, angefangen von Fehlern bereits bei Artenwahl und Pflanzung über Standortnachteile und Pflegemängel bis hin zu den Folgen klimatischer Extreme.

Mehrere Referenten präsentierten Gehölze, die in wissenschaftlichen Untersuchungen bewiesen haben, dass sie mit den sich ändernden klimatischen Verhältnissen besser klarkommen, weniger schadanfällig sind oder trotz allem gute Zuwächse zeigen

Es gab Vorträge zur Verkehrssicherheit und über Mittel und Wege, die kritischen Standortbedingungen z.B. für Bäume in der Stadt deutlich zu verbessern und sie damit ein wenig fitter und leistungsfähiger zu machen. Vorgestellt wurden besondere „Bienenbäume“ und die „global tree seed bank“, ein Projekt, das Samen aus der ganzen Welt sichert für den Erhalt der biologischen Vielfalt der Erde.

Besonderes Merkmal der Baumtage im Norden sind die lockeren und eingängigen Themenstellungen - so kommt das Programm nicht trocken, sondern eher kurzweilig daher, überzeugt aber dennoch mit Fakten und wissenschaftlichen Erkenntnissen.

Klasse ist auch die Zusammenstellung der Vorträge und weiterführenden Unterlagen in einem ausführlichen Tagungsband schon zur Veranstaltung selbst, mit aktuellem Programmblatt, Lageplänen und Wegeführungen sowie viel Platz für eigene Eintragungen - äußerst hilfreich und informativ. Ich bin Fan von Teilnehmerlisten - aber die fallen inzwischen ja leider meist dem Datenschutz zum Opfer….

Für mein Dafürhalten könnten die Kaffeepausen und die Mittagsrunde ruhig noch etwas ausgedehnter sein, damit in dieser Zeit der gewünschte persönliche Austausch noch etwas länger und mit mehr Kolleginnen und Kollegen stattfinden kann. 

Auch die Teilnahmegebühren sind sehr moderat, knapp kalkuliert und inklusive Verpflegung und Tagungsband und auch in einzelnen Teilen buchbar - z.B. nur der Techniktag am Freitag. Mein Dank geht an die verlässlichen Förderer und die zahlreichen technischen und finanziellen Unterstützerinnen und Unterstützer; gut auch, dass Studierende und DGGL-Mitglieder eine zehnprozentige Ermäßigung erhalten.

Die Exkursion lief gleich am ersten Tag ab - als nachmittäglicher Spaziermarsch durch die Rostocker Heide, die ja vor allem ein großflächiger Wald ist, eine der größten kommunalen Waldflächen in Deutschland und ein ausgedehntes Naturschutzgebiet. Angeführt wurden wir vom Leiter des Forstamtes der Hansestadt, der uns das Konzept des Amtes vorstellte, mit dem schon seit längeren Jahren ein behutsamer Waldumbau zur Klimaanpassung und eine nur sehr zurückhaltende Öffnung für den Tourismus umgesetzt werden. 

Wir marschierten durch bis zur Küste - auch vorbei an Pflanzflächen des Netzwerkes „Bäume für Bürger“, einem Zusammenschluss von engagierten Menschen in und um Rostock, mit bereits einem Dutzend Pflanzaktionen unter Vorbereitung und Betreuung des Stadtforstamtes. An den Baumpflanzungen beteiligen sich ganze Familien, Alt und Jung, Honoratioren und Politiker, bauen ihren Stadtwald nach und nach um, machen ihn vielfältiger und widerstandsfähiger.

Die DGGL feiert ja gut und gern, und auch die Nordlichter wissen, wie das geht. Gutes Essen, süffige Getränke, stimmungsvolle Musik und kurzweilige Ansprachen sind die Voraussetzungen. So endete der erste Tag des Kongresses bei bestem Wetter mit einer Abendveranstaltung mitten in der Rostocker Heide, im Köhlerhof. Nach der Besichtigung der diversen Anlagen zur Holzteergewinnung und dem Anfeuern des fahrbaren Teerofens wurden der Grill angeworfen und Getränke und - natürlich - selbstgemachte Salate aufgetischt, zünftig begleitet vom Jagdbläserensemble. 

Am zweiten Kongresstag stand nach den Vorträgen am Nachmittag die Festveranstaltung aus Anlass der 30. „Nordischen Baumtage“ im Fokus. Das Orgateam hatte sich besonders viel Mühe gegeben, nicht nur wegen des schönen Geburtstages, sondern auch, weil es für einige das letzte Mal, für andere der Einstand als Veranstaltende der künftigen Baumtage war. In diesem festlichen Rahmen sollte der Staffelstab übergeben werden. 

Den Abschluss der Tagung bildete die Baumtagemesse: Auf dem Betriebshof des Grünflächenamtes wurden am dritten Kongresstag Maschinen und Gerätschaften, Technik z.B. zu Pflanzung oder Bewässerung, Ausbildungsstätten und Softwarelösungen präsentiert. 

Die Bilanz von drei Dekaden „Nordische Baumtage Rostock“ kann sich sehen lassen. Dies wurde vor allem auch auf der Festveranstaltung deutlich, wo viele Rückblicke und Ausblicke gegeben wurden. Den Rahmen bildete die Messerotunde am Eingang zum IGA-Gelände. Ein kurzer Gang über das IGA – Gelände 2003 und Fachinfos zur BUGA 2025 waren das fachliche Rückgrat. 

Gut gelaunt und humorvoll erzählte Professor Dr. Dirk Dujesiefken vom Hamburger Institut für Baumpflege von seinen Erlebnissen auf den Baumtagen – er gilt als Urgestein der Veranstaltung, war er doch bei 29 Veranstaltungen dabei und hat die Baumtage stets tatkräftig und inhaltlich unterstützt.

Eine wunderbare kleine Rede hielt - wen wundert es - die Kommunikationsfachfrau. Es ging um Papier und Bäume, Blätter und Blätterwald, Wachsen und Gedeihen und das Entstehen des Jubiläumsbandes. 

Mit diesem Jubiläumsband, den die DGGL - der zweijährigen Zwangspause gedankt - herausgegeben hat, ist den Ehrenamtlichen im Landesverband Mecklenburg-Vorpommern in Zusammenarbeit mit dem Designbüro Simone Angerer ein großer Wurf gelungen: Entstanden ist ein dicker Wälzer mit fast 300 Seiten, eine umfassende Chronik zu 30 Jahren „Nordische Baumtage Rostock“ von den Anfängen bis zur diesjährigen Veranstaltung. Hier zeigt sich die Entwicklung der Baumpflege in Deutschland in den vergangenen drei Jahrzehnten und nicht zuletzt auch das begonnene Umdenken in allen verantwortlichen Institutionen in Bezug auf Baumartenwahl und Standortgerechtigkeit für eine möglichst erfolgreiche Klimaanpassung, damit auch in Zukunft Bäume uns in Stadt und Land begleiten. 

Abgedruckt sind Beiträge aus dreißig Veranstaltungsjahren, Vorträge und Fachinformationen wie die Liste der Bäume des Jahres oder sehr schöne Baumsteckbriefe, Texte zu Bäumen in Malerei, Film, Musik und Religion, Bäume in der Stadt und Bäume als kulturelles Erbe in unseren historischen Parks und Gärten, und eben auch Bäume und ihre Gefährdungen, Belastungen und Krankheiten. Mein Vorschlag ist, beim nächsten Mal auch die Autorinnen und Autoren vorzustellen mit einer kurzen Vita und vlt. auch einem kleinen Foto.

Die Festschrift ist mit vielen Fotos bebildert und endet mit einem großen Dank an das bisherige Baumtage-Organisationsteam Stefan Patzer, Steffi Soldan und Wolf-Peter Polzin und ihren persönlichen Erinnerungen sowie einem Interview mit drei der vier zukünftigen „Macher“ Nils Vetter, Lars Stachurski und Roland Meyer, zu denen dann auch Franka Rose als Mitmacherin gehören wird, allesamt aus dem Rostocker Amt für Stadtgrün.

Der Jubiläumsband ist zu beziehen bei der Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. zum Preis von 30,00 €.

Auf der Festveranstaltung gab es die Staffelstabübergabe dann in echt: Die alten Hasen, wie sie sich selbst bezeichnen, Steffi Soldan, Wolf-Peter Polzin und Stefan Patzer, verabschiedeten sich und legten die Organisation ganz offiziell in die Hände des jüngeren Teams Franka Rose, Nils Vetter, Lars Stachurski und Roland Meyer, die aber auch bei diesen Baumtagen schon kräftig Erfahrungen gesammelt hatten. Deren Bereitschaft, sich hier weiter ehrenamtlich zu engagieren und ein wirklich dickes Brett zu bohren, freut mich besonders, denn andernorts fehlt es der DGGL gelegentlich an tatkräftigen Mitgliedern. 

Der Festtag klang aus am reichhaltigen Buffet und mit guter Musik: eine tolle Saxofonistin brachte viele zum Tanzen bis in den späten Abend. 

Allen Macherinnen und Machern rund um die „Nordischen Baumtage“, auch den im Hintergrund Wirkenden, danke ich - auch im Namen der DGGL - herzlich für ihr Engagement, für das Einbringen von Ideen, Zeit und Arbeit über nunmehr drei Jahrzehnte. Den Neuen am Ruder wünsche ich, wie auch viele Festredner und Gratulantinnen betonten, vor allem im Sinne unserer Bäume viel Erfolg bei der Ausrichtung der kommenden Veranstaltungen, jede Menge gute Ideen, spannende Themen und beste Referentinnen und Referenten und nicht zuletzt auch Sponsoren und Förderer.

 

Karin Glockmann

Berlin, im Juli 2022 

 

Quellen:
Tagungsband Nordische Baumtage 2022, Amt für Stadtgrün, Naturschutz und Friedhofswesen Rostock

Jubiläumsband „30 Jahre Nordische Baumtage Rostock“, Hrsg. DGGL-LV Mecklenburg-Vorpommern