5. Informationsveranstaltung Historische Gärten in privater Hand am 22. November 2008 zum Thema "Bohnapfel, Hauswurz, Ewiger Kohl - Neue Rezepte für alte Nutzgärten"

 

Am 22. November 2008 fand zum oben genannten Titel die 5. Informations- und Fortbildungsveranstaltung zu historischen Gärten und Parks in privater Hand des Referates für Gartendenkmalpflege des LVR-Amtes für Denkmalpflege im Rheinland statt. Die Tagung wurde in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur (DGGL), dem Bund für Heimat und Umwelt in Deutschland (BHU) und dem Freundeskreis Botanischer Garten Aachen in der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen durchgeführt.

Dieses Mal wurde der Fragestellung nachgegangen, wie mit neuen Konzepten die jahrhunderte alte Nutzgartenkultur im Zeitalter der industriell gefertigten Lebensmittel erhalten werden kann. Insbesondere vor dem Hintergrund, dieses Erbe als wertvolles Zeugnis einer historisch gewachsenen Gartenkultur und zur Wahrung der Nutzpflanzenvielfalt auch zukünftigen Generationen zur Verfügung zu stellen.

Die mit 80 Teilnehmenden gut besuchte, informative und stimmungsvolle Tagung wurde durch Begrüßungen des stellvertretenden Landeskonservators Ulrich Stevens, dem Vertreter  der RWTH Aachen und des Freundeskreises Botanischer Garten Aachen Peter Doetsch, Inge Gotzmann vom Bund für Heimat und Umwelt in Deutschland sowie Rita Hombach von der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur Rheinland e.V. eröffnet. Moderatoren der Tagung waren Ulrich Stevens sowie die Leiterin des Referates für Gartendenkmalpflege Kerstin Walter.

Die erste Referentin Alexandra Schmöger stellte ihre Magisterarbeit als vorbereitende Studie vor, die durch historische Quellen- und Planstudien die Entwicklung des Nutzgartenbereiches von Schloss Augustusburg in Brühl behandelt. Sie soll dazu dienen, eine Revitalisierung des sogenannten Obststücks im östlichen Seitengarten auf einer Fläche von 16000 qm zu ermöglichen. Sie fand heraus, dass die ursprüngliche Planung des Landschaftsarchitekten Peter Joseph Lenné aus dem Jahre 1842 nicht vollständig umgesetzt worden ist. So wurden zwar ein die Obstbaumwiesen in vier Kompartimente teilendes Wegekreuz und eine Umsäumung mit Laubbäumen angelegt, die projektierten Gewächshäuser wurden jedoch nicht erbaut. Noch bis 1960 konnte man diese Nutzgartengestaltung nachvollziehen, an deren Stelle sich gegenwärtig nur noch eine Wiese befindet.

Im Anschluss daran wusste Claus Lange vom Garten-, Friedhofs- und Forstamt der Stadt Düsseldorf von der bereits erfolgten Wiederherstellung des Küchengartens im Schlosspark von Düsseldorf-Benrath zu berichten. Er hob die Aspekte der Bewirtschaftung mit Hilfe von Öffentlichkeitsarbeit und Marketing hervor. Im Rahmen der dezentralen Landesgartenschau ist im Jahre 2002 der Küchengarten innerhalb der historischen Backsteinummauerung wiederhergestellt worden. Es sind dort Rabatten mit Sommerblumen, Beete mit Gemüse und Kräutern sowie Spalierobst auf insgesamt 0,5 ha gepflanzt worden. Buchsbaum dient der Binnengliederung. Lange sprach an, dass die Bewirtschaftung solcher Gartenanlagen ohne Zuschüsse nicht funktionieren kann, allerdings durch ein breites Angebotsspektrum zusätzliche Mittel eingeholt werden können. Grundidee ist den Parkbesucher als Kunden zu sehen, dem Dienstleitungen angeboten werden. Zu diesem Programm zählen in Benrath: Themenführungen, Informationstafeln vor Ort, ein Souvenirläden, die Gastronomie und Veranstaltungen wie Themennachmittage für Kinder, Gemüseverkauf und kulinarische Feste. Des Weiteren wird eine Besucherzeitschrift mit Veranstaltungsmeldungen und Neuigkeiten herausgebracht und durch touristische Vernetzungen wie die „Straße der Gartenkunst an Rhein und Maas“ werden Interessierte überregional angesprochen.

Der Landschafts- und Gartenarchitekt Taco Ijzerman gab einen Überblick zu Konzepten zur Wiederherstellung und Bewirtschaftung von historischen Nutzgärten in den Niederlanden. Als wichtige Voraussetzung für solche Projekte sieht er den Impuls, der durch die Geschichte der Anlagen sowie durch Geschichten zur Anlage gegeben werden kann. Es geht auch darum, sich für einen historischen Zeitabschnitt zu entscheiden, der als gestaltetes Konzept umgesetzt werden soll. Ferner ist die aktuelle Umgebung mit einzubeziehen sowie eine Vermarktungsstrategie im Vorhinein festzulegen. Freiwilligenarbeit in Kombination mit Professionellen wurde von Ijzerman als bewährtes Mittel zur Unterhaltung von Gartenanlagen genannt. Er betonte die Notwendigkeit von Netzwerken, die die gegenseitige Unterstützung und den Erfahrungsaustausch fördern.

Es folgte die Vorstellung verschiedener Institutionen bzw. Projekte, die sich für Nutzgärten einsetzen. Als Vertreterin des Vereins zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt e.V. informierte Ingrid Matthes über die Arbeit des Vereins, die vor dem Hintergrund, das 70% aller Nutzpflanzen bereits ausgestorben sind, nicht zu unterschätzen ist. So stellt der Verein eine umfassende Saatgutsammlung in Zusammenarbeit mit dem Botanischen Garten der Rheinischen Friedrich-Wilhelms Universität Bonn zusammen.

Martin Pflaum vom LVR-Fachbereich Umwelt präsentierte Fördermaßnahmen für die die Kulturlandschaft prägende heimische Gewächse, die durch Bereitstellung von Pflanzgut stattfindet.

Die Besitzer eines privaten Nutzgartens am Niederrhein Klaus Bender und Manfred Lucenz gingen auf die Vorzüge des eigenen Nutzgartens ein, die sich nicht in Zeit oder Geld messen lassen, sondern durch schmackhafte und gesunde Erzeugnisse. Eine mitgebrachte Sellerieknolle, die halb so groß wie im Handel erhältlich war, allerdings mit weniger Gift und mehr Geschmack ausgestattet ist, so die beiden „Hobbygärtner“, zeugte davon. Während andere Fernsehen schauten, bedeute ihnen die Freizeit im Garten eine hohe Lebensqualität. 

Der Landwirt Evgeny Ivanov stellte sein Geschäftskonzept vor, Felder ökologisch zu bewirtschaften, die er bepflanzt und für eine Pacht Städtern für eine Saison überlässt. Diese können so mit den Erträgen auf Parzellen von 100 qm eine Familie ernähren und das Vergnügen haben, eigene Erzeugnisse auf den Tisch zu bringen. 

Ein Beispiel für ein gelungenes bürgerschaftliches Engagement stellte Willi-Josef Wild dar, der sich mit anderen in seiner Gemeinde mit Erfolg für die Unterschutzstellung des das Ortsbild prägenden Pfarrgartens in Meckenheim-Lüftelberg einsetzte.

Karl Josef Strank von der RWTH Aachen stellte das Konzept des Karlsgartens am Gut Melaten in Aachen vor, der nach den Angaben des unter Karl dem Großen verfassten Buches „Capitulare de villis“ angelegt worden ist, in dem die Land- und Forstwirtschaft, der Weinbau sowie die Tierhaltung und Vorratswirtschaft behandelt werden. Die in diesem Werk genannte Pflanzenliste ist Grundlage für diesen Botanischen Garten. Die sich auf die Römer berufende „Renovatio“ unter Karl dem Großen sollte auch zu dem Bestreben führen, alte Kultursorten der Römerzeit wiederzubeleben. In Zusammenarbeit mit Jutta Meurers-Balke vom Labor für Archäobotanik des Instituts für Ur- und Frühgeschichte der Universität zu Köln wurden Befunde von Ausgrabungen aus der Zeit Karls des Großen mit diesem Buch verglichen. Bisher wurden 42 von 73 genannten Kulturpflanzen wissenschaftlich nachgewiesen. Zuletzt nahm Karl Josef Strank das Publikum mit auf einen virtuellen Rundgang durch den Karlsgarten, da an diesem Tag durch Schneefall der Garten nur bedingt zu besichtigen war. Er stellte die Pflanzen, deren tatsächlichen und erdichteten sowie symbolischen Nutzen und die Wirkungen vor, wie zum Beispiel den Salbei, der im Mittelalter nicht nur als Heilpflanze, sondern auch als Symbol für Christus, Heiland und Erlöser galt.

Mit diesen Ausführungen endete die rundum gelungene Tagung, die den Teilnehmenden, unter denen zahlreiche Besitzer von Nutzgärten waren, viele interessante, sachdienliche, zum Teil auch amüsante und sinnliche Anregungen für das eigene „Gartenparadies“ gab.

Autor: Denis Kretzschmar
(Erschienen in: Denkmalpflege im Rheinland, Heft 1/2009)

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